Zum Inhalt springen

WARUM AFD?

Viele werden mich, insbesondere von den Leserinnen kennen. Ich bin Frauenarzt und praktiziere seit 18 Jahren in unterschiedlichen Positionen im Kreis Groß-Gerau.

Zwar war ich Gründungsmitglied des AfD-Kreisverbandes 2013, dennoch war das nur wenigen bekannt. Mein Name auf der Wählerliste der Kommunalwahl 2021 hat meine politische Einstellung bekannt gemacht.  Prompt hat mich eine meiner langjährigen Patientinnen mit der Frage konfrontiert: „Warum? Warum AfD?“

Ich gebe zu, ich habe mir diese Frage nie gestellt und meine Entscheidung, der AfD sofort nach ihrer Gründung beizutreten, war instinktiv, wie die meisten meiner Entscheidungen, die sich später als richtig erwiesen. Tatsächlich war die AfD damals eine andere, aus der Eurokrise entstandene eurokritische Protestpartei mit überwiegend wirtschaftlichem Programm. Der Zulauf war rasant und das politische Establishment wurde aufgeschreckt. Die Propagandawalze wurde ins Rollen gebracht, auf die eurokritische Partei wurde schnell der Stempel populistisch, dann rechtspopulistisch aufgedrückt, aus eurokritisch wurde schnell europakritisch, dann europaskeptisch, bis hin zu Europagegner. Diese Zuschreibungen durch die Medien wurden seit dem Jahr 2015, als die Migrationskrise alles beherrschte immer aggressiver. Die deutsche vorgebliche Lösung des Problems war damals schon mehr als umstritten und wird heute von keinem, auch nicht von den Regierenden als richtig erachtet. Wer aber damals das Ausmaß des Problems richtig erkannte, nämlich die AfD, und dagegen am lautesten protestierte, wurde sofort als rechtsradikal und Rassist gebrandmarkt. Man muss etwas nur oft genug wiederholen, damit die Mehrheit glaubt, dass es wahr ist.

Nun, mit weiteren Nachfragen rechnend, möchte ich versuchen das „Warum AfD“ für mich und für die, die sich dafür interessieren, zu klären.

Ich bin gebürtiger deutschstämmiger Ungar, lebe seit 30 Jahren in Deutschland, als deutscher Staatsbürger. Die erste Hälfte meines Lebens verbrachte ich in der ungarischen Hauptstadt. Ich wuchs in einem sozialistisch-totalitären System auf, als Sohn einer konservativen, systemkritischen Familie mit deutschen Wurzeln, als Mitglied einer geduldeten, oft benachteiligten Minderheit. Die deutsche Identität, die Pflege der deutschen Kultur und Tugenden, das Anderssein und die Sehnsucht nach dem „Vaterland“ waren die prägenden Faktoren meiner Sozialisierung. Das Gefühl der Zugehörigkeit zum „deutschen Volk“ gab den Stolz und die Kraft die Schikanen des Sozialismus zu ertragen und nährten das Gefühl, etwas Anderes, „etwas Besseres“ unter den systemtreuen Kommunisten zu sein.

Wer unter solchen Umständen aufwächst, entwickelt sehr sensible Antennen für Ungerechtigkeit, für staatliche Unterdrückung, für totalitäres Verhalten, für die Einschränkung der Freiheit, für die Bedrohung der eigenen Kultur und Identität.

Gleichzeitig bekommt man das ungarische Lebensgefühl in die Wiege gelegt, die Identität einer ehemals großen Nation, die dann jahrhundertelang unter Mongolen, Türken, Habsburgern und Russen ein Vasallenleben führte und eine übermächtige Sehnsucht nach Freiheit und Souveränität, Patriotismus und Nationalstolz entwickelte. Das prägt die heutige ungarische Politik und das prägt den Ungar, aber auch den Ungarndeutschen, egal welches Land er sein Vaterland nennt.

Die erste selbständige Handlung nach Abschluss meines Studiums war, – damals noch illegal, als Dissident, das damals noch sozialistische Land, Ungarn zu verlassen und nach Deutschland „heimzukehren“. Mein idealistisches Bild vom deutschen Leben und von deutschen Tugenden hat sich damals, in den Neunzigern, in vielerlei Hinsicht bestätigt. Saubere Straßen, Sicherheit, Vertrauen, fleißige Menschen, hohe Leistungsbereitschaft, Traditionsliebe, Kulturpflege, der Stolz des vollbrachten „Wirtschaftswunders“, Wohlstand. Als Ausländer anerkannt zu werden oder gar in die Gemeinschaft aufgenommen zu werden erschien sehr schwer. Man wollte sich beweisen, man musste das „Deutschsein“ verdienen und das war richtig so. An allem, was diese Nation sich – bereits mehrfach – von Null auf erkämpft und erschaffen hat, teilzuhaben, zu ihnen zu gehören, muss verdient sein! Alles, was für die Kinder der Nachkriegsgeneration selbstverständlich ist, wurde eben nicht von Gott gegeben, es ist das durch viel Verzicht und Opfer hart erarbeitete Ergebnis einer Generation, eine bewundernswerte Leistung, schützenswert und erhaltungswürdig. Jahrhunderte der deutschen Kultur und die einzigartige deutsche Identität formten die Menschen, die uns dieses Erbe hinterlassen haben, der Dank verpflichtet uns, all das in Ehren zu erhalten und weiter zu entwickeln.

Wenn man sieht, dass das alles auf einmal nicht mehr wichtig sein soll, dass das verschenkt, vernichtet und verspottet werden soll, wenn man sich dafür gar schämen soll, dann versteht man die Welt nicht mehr. Was treibt die Menschen dazu, sich davon abzuwenden, durch welche Erziehung entwickelte Ideale haben sie? In einem der reichsten und sichersten Länder der Welt zu leben ist ein riesiges Glück, es bleibt aber nicht von alleine so, man muss es beschützen und weiterhin mit viel Arbeit und Opfern erhalten. Ist denn hier noch jemand bereit, für sein Land ein Opfer zu erbringen? Ist denn hier noch jemand bereit, dem deutschen Volk zuliebe auf etwas zu verzichten? Wäre hier noch jemand bereit, um dieses Land zu verteidigen und sich in Gefahr zu begeben?

Wenn all das, was man 30 Jahre herbeigesehnt hat und worauf man sich jahrelang gefreut hat, plötzlich Risse bekommt, wenn die genannten Antennen für totalitäres Verhalten, für die Bedrohung der  Freiheit und der Souveränität plötzlich anfangen zu senden, wenn die Unterschiede zwischen den Parteien immer unkenntlicher werden, wenn plötzlich alle das gleiche sagen, wenn die öffentlichen Medien die gleiche Richtung einschlagen, wenn die Andersdenkenden nicht mehr zu Wort kommen, wenn plötzlich die Alternativlosigkeit herrscht,  dann kommt dir das erschreckend bekannt vor! Dann suchst du nach Alternativen, dann fühlst du dich gezwungen, dagegen etwas zu tun oder zumindest zum Ausdruck zu bringen, dass du damit nicht einverstanden bist, dass du das schon sehr gut kennst und dass dieser Weg in die falsche Richtung geht.

Wenn du mit politischen Entwicklungen nicht einverstanden bist und etwas dagegen tun willst, musst du dich politisch engagieren. Ich bin nicht naiv und habe die Argumente „du kannst eh nichts bewirken“, satt. Ja, ich kann alleine nichts bewirken, aber wenn jeder nur in seinem kleinen, eingeschränkten Wirkungskreis, mit seinen eingeschränkten Möglichkeiten das von ihm zu erwartende, Beste tut, dann kann man sehr wohl etwas erreichen. Die Resignation, die Angst und das Nichtstun sind das, was totalitäre Systeme erreichen wollen, wer sich so verhält, unterstützt solche Systeme. Ich nicht!

Politisches Engagement, wenn es irgendwas erreichen soll, geht nun einmal nur mit einer  Partei. Keine politische Partei hat die genau die Ziele, die man selbst am liebsten erreichen will. Wenn du selbst eine Partei gründest, die mehr als ein Mitglied hat, dann must du bereits Kompromisse schließen. Es bleibt also die Wahl der Hauptströmung. Die Partei setzt sich, wie jede Gruppierung, jede Gesellschaft, in jeder Hinsicht nach der gaußschen Normalverteilung zusammen. Es gibt die Mehrheit und die Randfiguren. Die Mehrheit muss stimmen und die Hauptrichtung.

In welche Richtung gehen die Parteien, was sind die Hauptziele?

Christlich-konservativ, demokratisch? Union. Stimmt das noch?

Sozial, Ausgleichend? SPD. Stimmt das noch?

Umweltbewusst, friedlich, ohne sozialistische Prägung? Die Grünen. Nein, das stimmt auch nicht.

Sozialistisch, international? Linke? Nein, das willst du gar nicht, davon hattest du schon mehr als genug.

Freiheitlich, marktwirtschaftlich? FDP. Aber unter Aufgabe jeglicher Souveränität, als Vasall einer Großmacht. Nein, nicht schon wieder!

Was willst du denn eigentlich, was ist dir wichtig?

Direkte Demokratie, soziale Marktwirtschaft, Erhaltung der Nationalstaaten mit Verteilung der Staatsaufgaben auf nationale Kompetenzen und gemeinsame Aufgaben einer abgespeckten Europäischen Union, nach wissenschaftlichen und nicht nach ideologischen Kriterien. Erhaltung der nationalen Identität, Stolz und Kultur als einzige Basis für Zusammenhalt, Leistungs- und Opferbereitschaft für das Gemeinwohl. Offene Grenzen in einem geschützten Europa. Rechtsstaat, Sicherheit unter absoluter Einhaltung des Grundgesetzes. Meinungsfreiheit. Besondere Unterstützung von kinderreichen Familien, stoppen und umkehren der negativen demographischen Prozesse. Bildung, Kultur- und Traditionsförderung als priorisierte Aufgabe. Multikulturelle Gesellschaft deutscher Prägung, unter Ablehnung jeglicher Benachteiligung von Minderheiten wegen Nationalität, Religion oder politischer Einstellung. Asyl für Geflüchtete im Sinne der Genfer Konvention bis Beendigung der Fluchtursache. Internationales Engagement für die Behebung von Fluchtursachen. Kontrollierte Migration je nach Kraft und Interessen der Bevölkerung, unter der Voraussetzung der Sprachlichen und Kulturellen Integration, der Anerkennung und Akzeptanz christlicher Werte und die Priorität der Interessen Deutschlands als Sozialstaat, Wirtschafts- und Kulturnation. Umweltschutz, Naturschutz, Ressourcenschonung, Klimaschutz nach Kräften der Nation ohne Benachteiligung im internationalen Vergleich.

Ich denke das sind Werte, wozu man stehen kann, stehen sollte.

Wenn man dies als die wichtigsten Ziele ansieht, dann bleibt keine andere Partei übrig als die AfD.  Ja, alle genannten Punkte sind im Parteiprogramm der AfD erhalten, auch wenn die meisten das noch nicht gewusst haben. Und nichts anderes, nichts Rassistisches, nichts Antisemitisches, nichts Radikales.

Man hat eine Meinung von einer Partei, ohne ein Mitglied persönlich zu kennen, ohne das Programm gelesen zu haben, ohne sich mit deren Ideen und Ziele wirklich auseinandergesetzt zu haben.

Meine Patientin, die „Warum gerade AfD“ fragte oder solche, die mir eine verwerfliche Ideologie vorwerfen, haben eine mehr oder weniger gefestigte Meinung von der AfD. Aber wie entsteht eine solche Meinung, wenn man kein Programm liest, keine Mitglieder kennt, keine Argumente anhört oder diskutiert? Man verlässt sich einfach auf die Meinungsbildner, man glaubt, dass es so ist, ohne sich zu überzeugen. Und man denkt und man sagt, was man will, dass man denkt und sagt. Das ist keine eigene Meinung, das ist eine absichtlich implantierte Meinung von anderen, die durch Beherrschung oder Beeinflussung der meinungsbildenden Medien unsere Meinung bilden.  Haben wir eine eigene Erfahrung und dadurch eine eigene Meinung über Klimawandel, Überbevölkerung, Armut, Krieg, über das Universum, über Gott? Erfahrung nein, Meinung ja. Ist unsere Meinung darüber eine erfahrungsbasierte eigene Meinung? Nein, wir haben es geglaubt, was andere darüber sagten.

Die etablierten, nach Macht strebenden Parteien sind verständlicherweise nicht daran interessiert, auf ihrem Feld Konkurrenz zu bekommen. Egal woher diese Konkurrenz kommt. Links oder rechts, lieb oder böse, schön oder hässlich, Konkurrenz ist Konkurrenz, kostet Wähler, schwächt die Kräfte, gefährdet die Macht, das einzige Ziel des Politikers. Die Konkurrenz gehört bekämpft und weil es Politik und keine Sportveranstaltung ist, ohne Fairplay. Wie besiege ich den politischen Gegner? Ich muss erreichen, dass man über ihn schlecht denkt, dass man ihm nicht zuhört und man ihn nicht wählt. Und das ist gar nicht so schwer, weil sich die Mehrheit keine eigene Meinung bildet, sondern die fertig präsentierten Meinungen übernimmt und zur eigenen macht. Man braucht gar keine Argumente, Überzeugungen, es reichen ein paar bewährte Stempel. Nazi, Populist, rechtsradikal, Antisemit, Rassist. Es reichen ein paar, aus dem Kontext gerissenen Sätze, ein paar geschickt aufgenommene Bilder, etwas Framing. Die Propagandawalze rollt, die fertig formulierten Meinungen müssen nur oft genug wiederholt werden, und sie werden als die Wahrheit akzeptiert. Das sind nur die einfachsten, deutlichsten Methoden der Massenmanipulation und trotzdem oder eben deswegen sind sie so wirksam. Niemand kann sich davon befreien, niemand, der sich nicht selbst eine eigene Meinung bildet, aufgrund eigener Erfahrung, eigener Auseinandersetzung, eigener Gedanken.

„Warum gerade AfD?“

Keine Partei ist vollkommen, keine bildet eins zu eins das ab, was man selbst denkt oder erreichen möchte. Es ist immer ein Kompromiss. Die Hauptrichtung muss stimmen, die wichtigen Werte müssen vertreten sein.

Wenn man sich für die AfD engagiert, engagiert man sich für Deutschland, das ist meine tiefste Überzeugung.

Deswegen AfD!

Dr. Johann Gehl